Insel Rügen – Deutschland
Ach, Rügen! Meine Haltung dir gegenüber war in der Vergangenheit nicht ganz vorurteilsfrei, das muss ich zugeben. Ein bisschen zu oft hatte ich mir Fotos von dir ansehen und Schwärmereien zuhören müssen. Schließlich – so ticke ich wohl – endete das in einer bockigen Abwehrhaltung. Gibt doch auch andere schöne Orte! Bis ich schließlich in einem Reisebericht auf eine Unterkunft stieß, die mich so beeindruckte, dass ich sie unbedingt besuchen wollte. Richtig, das Gut Lebbin auf Rügen.
Rügen in Kürze
Rügen ist Deutschlands größte Insel, gelegen in Mecklenburg-Vorpommern. Sie gehört zu den beliebtesten Reisezielen in Norddeutschland. Ja, zu Recht, denn diese Insel hat unvergleichliche Naturattraktionen zu bieten, darunter die beeindruckende Kreidefelsenküste, ursprüngliche Buchenwälder und historische Kultstätten.
Die Ankunft
Wir erreichen Rügen über die Rügenbrücke, die die Hansestadt Stralsund mit der Insel verbindet. Unser Weg führt uns ziemlich weit in den Norden der Insel. Hier werden wir eine Woche auf der kleinen Halbinsel Lebbin verbringen. Auf den letzten Kilometern nach Lebbin wird uns klar, dass uns ein ungewöhnlicher Ort erwartet. Die Straßen marode, vorbei an Feldern, kleinen Wäldern, vereinzelten Ansammlungen von Häusern, die schon bessere Jahre gesehen haben. Das Navi deutet an, dass unser Ziel, das Gut Lebbin, in wenigen hundert Metern erreicht sein wird, als wir – etwas unsicher: funktioniert das Navi falsch? – über einen unbefestigten Feldweg holpern. Schließlich passieren wir ein geschnitztes Holzschild, dass uns bedeutet, dass wir angekommen sind und dann liegt es vor uns, wie aus einem Bildband.
Unser erster Weg führt uns in die große Scheune, in der wir unseren Gastgeber antreffen und kennenlernen. Ein bisschen hatte ich ein etwas steifes, elitäres Klientel erwartet, dass uns mittelständische Freigeister mit Hippicharakter vielleicht etwas schief beäugen könnte. Oder schlimmer noch, sich von unseren aktiven und nicht oft leisen Kindern gestört fühlen würde. Aber nichts davon bekommen wir zu spüren. Im Gegenteil, die Athmosphäre ist freundlich und locker. Wir fühlen uns umgehend willkommen, heimisch und auch den Kindern wird jederzeit ein Lächeln und ein freundliches Wort geschenkt.
Ganz viel Natur
Der Eigentümer des Guts, Jörg Czycholl, ist hilfsbereiter und freundlicher Ansprechpartner bei allem, was uns während unserer Woche auf Lebbin umtreibt. Ob es um Tipps zu Aktivitäten oder Sehenswürdigkeiten auf der Insel oder dem Wunsch nach einer großen Auflaufform für das Abendessen geht. Ihn treffen wir häufig in der Scheune an, dem gefühlten Zentrum des Guts, häufig verwickelt in Gespräche mit Gästen. Auch wir unterhalten uns gerne mit Jörg und lassen uns berichten, wie er die Vision umgesetzt hat, aus der einst zerstörten Gutsanlage das heutige Anwesen in dieser traumhaften Landschaft zu realisieren und auf diese Weise auch eine über 700-jährige Geschichte wieder neu zu beleben. Seine Idee war, so erzählt er uns, ein Areal zu schaffen, in der Menschen, die Natur erleben, den Wind fühlen, das Wasser riechen, die Tierwelt bewusst wahrnehmen und sich im Gleichgewicht mit dieser begreifen können. Landschaftsschutz ist ein Thema das ihm sehr am Herzen liegt. Sein Ziel: das Land naturverträglich und nachhaltig zu nutzen sowie Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu erhalten und zu erschließen.
Lebbin – eine Philosophie
Der einstige Hamburger Unternehmer suchte einen besonderen Ort – am Wasser sollte es sein, ein Ort in der Natur, der Ruhe ausstrahlt, und er wurde fündig. Selbst sagt er dazu in einem Video: “Gut Lebbin ist eine Philosophie, ein Wunsch, ein Traum, den ich ganz lange gehegt habe. Es ist ein wunderbarer Ort, magisch, interessant, sich ständig verändernd und er lebt, durch die Menschen, die ihn besuchen.” Gut Lebbin, das ist ein kleiner idyllischer Hafen, ein gutseigener Strand, Wiesen, einige hundert Obstbäume, unter anderem mit alten seltenen Sorten, das alles in einer malerischen Landschaft aus Wald, grünen Wiesen, Feldern und jede Menge Wasser. Hier hinein baute Jörg nach historischem Vorbild in tradioneller Bauweise mit Reetdach und handgearbeiteten Ziegelsteinen ein urgemütliches Gästehaus. Acht Jahre dauerte dieses Vorhaben. Vom Laien ist es nicht als Neubau zu erkennen, so perfekt fügt es sich in die Landschaft ein, ganz so, als stünde es schon seit 150 Jahren hier.
Die Suiten – reinkommen und zuhause sein.
Neun wunderschöne großzügig Suiten sind hier untergebracht. Der Gast lebt auf 100 bis 130 m², komfortabel und stilvoll. Alle Suiten sind ausgestattet mit Fußbodenheizung und vielen liebevollen Details. Wert gelegt wurde hier auf Nachhaltigkeit, so finden sich überwiegend hochwertige natürliche Baustoffe wie belgischer Naturstein, wertvolle Echtholzeinbauten und luxuriöse Badkeramik. Das alles nur einen Steinwurf vom Lebbiner Bodden entfernt und je nach Lage mit freiem Blick auf die Felder oder das Wasser und mit direktem Zugang in den riesigen Garten. Man kann nicht anders, als sich wohlzufühlen in dieser warmen Atmosphäre. Wir schlafen in himmlisch-bequemen Boxspringbetten und kuschligen Daunendecken und ich vermisse das allererste Mal auf Reisen nicht mein eigenes Bett. Von unserem Schlafzimmer aus haben wir einen perfekten Blick auf den Bodden. Morgens mit dieser Aussicht wach zu werden ist einfach Lebensqualität.
Auch die erwähnte Scheune wurde aufwändig in traditioneller Holzbauweise und mit Klinkermauern restauriert. Hier bewohnt der Eigentümer selbst den oberen Bereich, während im offenen lichtdurchfluteten Erdgeschoss das Frühstücksbuffett serviert wird, zu Abend gegessen werden kann, Gäste sich treffen oder auch Feierlichkeiten stattfinden.
Und sonst so auf Rügen?
Nationalpark Jasmund und die Kreidefelsen
Fangen wir mal mit meinem persönlichen Highlight an: den berühmten wunderschönen Kreidefelsen des UNESCO Weltnaturerbes Nationalpark Jasmund. Von Lohme aus wanderten wir bergab zum felsigen Strand, an dem wir entlangliefen und Hühnergötter suchten. Hühnergötter, sagt dir nichts? Es handelt sich um nichts Spirituelles, sondern um Steine mit einem Loch, die sich eigentlich an jedem Strand auf Rügen finden lassen und Glück bringen sollen. Mir wurde außerdem erzählt, dass ein Hühnergott seinen Finder immer wieder an den Ort zurückbringt, wo er gefunden wurde. Ob was dran ist? Ich hoffe es. Wir sechs waren jedenfalls total versunken in unsere Suche – immer die malerische Küstenkulisse vor Augen, die ich ganz festhalte in meinem Gedächtnis. Ähnlich muss dieser Ort auch auf denweltberühmten Maler Caspar David Friedrich gewirkt haben, der hier 1818 seine Flitterwochen verbrachte und sein wohl bekanntestes Gemälde “Kreidefelsen auf Rügen” malte.
Der Baumwipfelpfad
Ein noch recht neues Abenteuer für Große und Kleine ist der Baumwipfelpfad im Naturerbe Zentrum Rügen bei Prora. In einer Höhe von 7 bis 14 m spaziert man einen 1.250 m langen Pfad auf Augenhöhe mit den Baumkronen hinauf zum 40 m hohen Aussichtsturm. Ich, mit ziemlich ausgeprägter Höhenangst ausgestattet, hatte so meine Zweifel, ob dieser Ausflug das richtige für mich ist. Tatsächlich aber halb so schlimm und der Ausblick über Rügen und den Bodden insgesamt 82 m über dem Meeresspiegel ist schon wirklich einmalig.
Das Ozeaneum in Stralsund
Mit seinem nahezu unveränderten mittelalterlichen Stadtgrundriss zählt Stralsund zum UNESCO Weltkulturerbe. Hier besuchen wir das Ozeaneum am Hafen und tauchen ein in die Welt der Meere. Anschaulich dargestellt wird alles Wissenswerte zur Nord- und Ostsee und ihren Bewohnern sowie auch zur Insel Rügen. Wir bestaunen echte Fische und gigantische Skulpturen. Im Anschluss spazieren wir durch die bezaubernde Altstadt von Stralsund, Essen Eis am Hafen (Altes Zollhaus Eisdiele – eine Empfehlung!) und bestaunen die Schiffe am Kai.
Resümee
Der Weg hin zu dem Gut Lebbin, das wir besuchen konnten, war bestimmt ein langer und aufwendiger. Wer hierher kommt profitiert von der Stille inmitten wunderschönster Natur, die Rügen zu bieten hat. Keine Spur von Turistenfeeling. Wer Natur zu schätzen weiß, wird begeistert sein von diesem unvergleichlichen Ort. Einziges Manko: Möchte man das Internet nutzen braucht man schon mal viel Geduld, die Verbindung ist nicht die schnellste. Aber vielleicht ist das sogar genau richtig. Ohne den Blick in soziale Netzwerke oder Informationsfluten aus dem www fällt es vielleicht leichter, im Hier und Jetzt zu sein. Unsere Woche in Lebbin ging rasend schnell vorbei. Wir haben uns verliebt in dieses Fleckchen. Von hier geht man nicht, ohne ein Stück Herz zurückzulassen. Aber wir nehmen auch etwas zum Nachdenken mit, nämlich über den Wert der Vision und des Glaubens an die eigenen Ideen.
Ein paar Hühnergötter haben wir außerdem mitgenommen nach Hause. Ich hoffe, dass es stimmt, was ihnen nachgesagt wird, und sie uns zurückbringen auf ihre schöne große Insel.
Noch mehr Ideen für Unternehmungen
Wir hatten viel auf dem Zettel für unsere Woche auf Rügen, geschafft haben wir nicht alles. Hier sind noch einige Sehenswürdigkeiten, die bestimmt einen Besuch wert sind:
- Das Ostseebad-Binz. Rügens größtes Seebad mit einem schönen Badestrand, schicken Restaurants, Cafés und Geschäften.
- Das Ostseebad-Sellin. Noch ein Seebad, aber dieses mit einer wunderschönen Seebrücke.
- Bauer Lange. Toben im Stroh, Bauernhoftiere streicheln, Trampolin…. die Kleinen haben Spaß, für die Großen gibt es Selbstgebackenes im Hofladen und einen Antiquitätenladen zum Stöbern.
Weitere Infos und Kontaktdaten: Privates Natur Resort Gut Lebbin, Lebbin 1, 18569 Lebbin auf Rügen
Einige der hier gezeigten Fotos wurden mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Alle Rechte liegen beim jeweiligen Urheber.
Vielleicht zieht es dich eher in die Berge? Dann habe ich hier eine Empfehlung für dich.
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